Neue Wege an der Grundschule Klettenberg

Ab dem Schuljahr 2023/24 wird alles anders…

Schon länger tragen wir uns mit dem Gedanken, dass ein starres Klassensystem mit viel angeleitetem Lernen den Kindern nicht mehr gerecht wird. Kinder sind verschieden: sie bringen unterschiedliche Voraussetzungen und Interessen mit, lernen unterschiedlich schnell und benötigen mal mehr und mal weniger Unterstützung.

Jeder ist anders und das ist gut so! Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn du daran ziehst.“

Doch zunächst ein paar grundsätzliche Erklärungen, weil wir Menschen dazu neigen, an Vertrautem festzuhalten:

Beginn der Schulpflicht

Das thür. Schulgesetz bzw. die thür. Schulordnung geben uns vor, wie wir unsere Schule organisieren können. Es gibt Freiräume und genaue Vorschriften. Wir müssen uns beispielweise daran halten, dass Kinder, die am 01.08. eines Jahres das sechste Lebensjahr vollendet haben, in eben diesem Jahr auch schulpflichtig, also eingeschult werden. Es sei denn, medizinische Gründe sprechen dagegen, oder es ist (bei Kindern, die am 30.06. desselben Jahres mindestens 5 Jahre alt sind) der ausdrückliche Wille der Eltern, das Kind vorzeitig einzuschulen. In beiden Fällen trifft die Entscheidung darüber die Schulleitung in Zusammenarbeit mit dem Schularzt.

Selbst wenn Eltern und Kindergarten der Meinung sind, ein Kind sollte besser noch nicht eingeschult werden, weil es z.B. noch „verspielt“ ist, oder noch nicht so lange still sitzen kann, sind dies keine medizinischen Gründe, die eine Rückstellung von der Schulpflicht ermöglichen.

Schuleingangsphase und Klassenstufen 3/4

Des Weiteren ist es (schon seit ein paar Jahren) nicht mehr möglich, ein Kind die „erste Klasse“ wiederholen zu lassen, wenn es die Grundlagen noch nicht ausreichend gefestigt hat und in der „zweiten Klasse“ nicht erfolgreich lernen könnte. Erst nach zwei Jahren kann entschieden werden, ob das Kind erfolgreich in der dritten Klasse lernen könnte, oder ein weiteres Jahr an den Grundlagen trainieren sollte.

Dies hat einen einleuchtenden Grund:

Der Lehrplan eines jeden Unterrichtsfaches (also die für Schulen verbindlich zu vermittelnden Inhalte und Kompetenzen) unterscheidet zwischen der zweijährigen Schuleingangsphase und den Klassenstufen 3/4. Er gibt in seinen Zielbeschreibungen an, welche Kompetenzen am Ende der Schuleingangsphase bzw. am Ende der vierten Klasse erreicht sein sollen. Die für die Schuleingangsphase ausgewiesenen Kompetenzen stellen die Grundlagen dar, welche in den folgenden Jahren zu festigen und zu erweitern sind. Nebenbei bemerkt, stellen die Ziele für das Ende der Schuleingangsphase eine Orientierung dar, wohingegen die Ziele für das Ende der vierten Klasse als verbindlich gelten.

Man merkt es schon, die Schuleingangsphase ist eine Einheit, in der es schwierig ist, nach Klassen zu unterscheiden. Das ist der Grund, weswegen nicht nach einem Jahr „zurückgestellt“ werden kann. Kinder können die Schuleingangsphase, je nach persönlicher Voraussetzung und Lerntempo, in 1 bis 3 Jahren durchlaufen. In der Regel benötigen sie dafür zwei Jahre. Sollten sie drei Jahre benötigen, ist das legitim, es wird also nicht auf die Dauer der Vollzeitschulpflicht angerechnet.

Was heißt das nun für uns?

Nicht das Kind sollte sich der Umgebung anpassen. Sondern wir sollten die Umgebung dem Kind anpassen.

Maria Montessori

Ab dem Schuljahr 23/24 dürfen unsere Schüler*innen eine „echte“ Schuleingangsphase besuchen. Das bedeutet, Kinder im ersten Schulbesuchsjahr lernen gemeinsam mit Kindern des zweiten Schulbesuchsjahres. Im jahrgangsgemischten Unterricht, in geöffneten Unterrichtsformen, in einem individuelleren Tempo.

Im dritten und vierten Schuljahr halten wir im Übrigen am altershomogenen Klassensystem fest.

Wie geht das konkret?

Wir sprechen von Stamm- und Kursgruppen.

Die jahrgangsgemischte Stammgruppe mit Stammgruppenlehrerin ist im Grunde der Verband, in dem Ihr Kind die meiste Zeit verbringt: Übungsstunden in den Hauptfächern, die Stunden in den Nebenfächern, Wandertage, Fahrten, Hausaufgabenzeit etc. Vergleichbar mit den Gruppen im Kindergarten.

Dort arbeiten die Kinder an ihren Aufgaben, wahrscheinlich nach Tages- oder Wochenplänen, ergänzt durch Freiarbeitsmaterial.

Der Kurs findet „jahrgangsgleich“ statt. Es treffen sich also alle, die auf etwa demselben Wissensstand sind, um etwas Neues gezeigt zu bekommen (vergleichbar mit den ehemaligen Klassen). Kurse wird es in den Hauptfächern geben.

Für unsere Schüler*innen heißt das:

Unsere etwa 40 Kinder in der Schuleingangsphase lernen in zwei Stammgruppen, der Fuchs- und der Eulengruppe.

Alles im Einzelnen?

Die exakten Details bleiben noch offen. Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an den Feinheiten, die das neue Konzept so mit sich bringt.

Was hat mein Kind davon?

Ihr Kind lernt von Anfang an, Verantwortung zu übernehmen – für sich, für sein Lernen und für die Gemeinschaft. Schwächere ältere Kinder kommen in die Situation, auch einmal etwas erklären zu dürfen, statt immer nur Hilfe zu brauchen. Starke Kinder werden weniger gebremst, können schneller vorankommen.

Bedeutet dies, dass es keine Probleme mehr geben wird?

Nein, das bedeutet es nicht. Kein Konzept ist perfekt, kein Konzept passt zu jedem, kein Konzept läuft ständig rund!

Aber wir sind der Überzeugung, dass:

  • dieses Konzept die Anforderungen, welche Schulgesetz und Schulordnung an uns und Ihre Kinder stellen, leichter umsetzbar macht.
  • dieses Konzept, die Umgebung am besten an die Vielfalt der Kinder anpasst.
  • dieses Konzept, es verdient hat, anerkannt und beführtwortet zu werden.

Kinder sind wie Schmetterlinge im Wind. Einige können höher fliegen, als andere, aber jeder Einzelne fliegt so gut, wie er kann. Jeder Einzelne ist verschieden. Jeder Einzelne ist schön. Jeder Einzelne ist etwas ganz besonderes.

Verfasser unbekannt